Dreifacher Touchdown von Micki Liebl
Interview mit Micki Liebl – Einhand-Segler, Unternehmer und Bundesliga-Teammanager
Mit einer 6,5 Meter langen Nussschale will Micki Liebl vom Münchner YC im Jahre 2023 am Mini-Transat teilnehmen, einer Einhand-Regatta über den Atlantik. www.webandsail.de stellte sein Projekt one2sail im November vor. Wir fragten jetzt nach, wie es dem Einhandsegler in Zeiten der Abstandsregelungen geht. Micki Liebl, selbstständiger Unternehmer, ist daneben auch Teammanager des Liga-Teams im Münchner YC.
Corona hat Dich gleich mehrfach im Griff. Im Februar hast Du Dein Schiff und das Projekt, am Mini-Transat 2023 teilzunehmen, auf der Freizeitmesse f.re.e vorgestellt. Anfang März warst Du auf dem Weg nach Barcelona, um das Training dort aufzunehmen. Wie ist der Stand, bist Du überhaupt noch aufs Wasser gekommen?
Micki Liebl: Ich bin wie geplant im März mit dem Trailer in den Club Nautico Garraf gefahren. Das ist ein Segelclub im kleinen Örtchen Garraf, etwa 30 Minuten an der Küste entlang hinter Barcelona. Hier sollte zwei Wochen später meine erste Einhand-Regatta, die „Mini Petrolera“, stattfinden. Das sind 100 Seemeilen, mit Start in Garraf, um eine vor Spanien liegende Bohrinsel herum und zurück nach Garraf. Danach wollte ich nach Genua segeln, um dort an der 222 Mini Solo 2020 teilzunehmen. Doch dann kam Covid-19.
Das klingt, wie wenn’s nicht losgegangen wäre ..
Micki Liebl: Richtig. Als ich im März an einem Freitagabend in Barcelona angekommen bin, war noch alles ganz normal. Ich konnte das Schiff einkranen, aufriggen und regattafertig herrichten. Nach zwei Tagen Ausfall wegen einer Reparatur am Autopiloten konnte ich am Dienstag und Mittwoch sehr gut trainieren.
Am Donnerstag kam dann der Clubmanager auf mich zu und informierte mich, dass in Spanien alle aktuellen Rennen für das Wochenende abgesagt wurden. Am Freitag kam dann die Information, dass alle Mitarbeiter des Clubs nach Hause geschickt wurden und dass ab dem nächsten Tag die komplette Marina gesperrt wird. Ich konnte nach der Trainingseinheit am Freitag mein Schiff noch einigermaßen aufräumen und bin nach Barcelona gefahren. Beim Abendessen in Barcelona habe ich erfahren, dass ab Samstagnacht eine totale Ausgangssperre verhängt wird. Also habe ich Samstag früh die Rückreise nach Deutschland angetreten und bin gerade noch durch Frankreich, die Schweiz und Österreich nach Hause gekommen.
Wo ist Dein Schiff jetzt?
Micki Liebl: Seitdem liegt das Schiff nun in der Marina von Garraf. Die Marina ist gesperrt, aber der Clubmanager Fabien schaut in regelmäßigen Abständen nach und informiert mich. Gerade versuche ich, das Schiff wenigstens aus dem Wasser auf den Trailer zu bekommen. Der Ausgang ist aber noch offen.
Was ist von der To-do-Liste für 2020, wo ja vor allem erste Qualifikationen anstanden, noch realisierbar? Einhandsegler sollten ja kein Problem mit Abstandsregeln haben …
Micki Liebl: Im Moment kann ich zum Stand der Kampagne überhaupt nichts sagen. Momentan ist ja die Reise nach Spanien nicht möglich und auch die Marina ist nach wie vor gesperrt.
Zuerst muss sich die Situation in Spanien so weit bessern, dass man in den Segelclub, zum Schiff und aufs Wasser kann. Dann muss ich versuchen, eine Sondergenehmigung für die Reise nach Spanien zu bekommen. Daran arbeite ich bereits mit starker Unterstützung des Bayerischen Seglerverbands, der sich aktuell extrem um die Belange der bayerischen Segelvereine und damit uns Seglern einsetzt und in engem Kontakt und Abstimmung mit der bayerischen Staatsregierung steht. Diese Reisetätigkeit betrifft ja auch viele Kadersegler und Olympioniken, die ebenfalls in internationalen Gewässern ihre Trainingseinheiten absolvieren müssen.
Natürlich ist es für Segelsportler im Vergleich mit anderen Sportarten relativ unkompliziert, die Hygiene- und Abstandsregeln zu befolgen. Gerade als Einhandsegler mit Trainingseinheiten über mehrere Tage alleine auf dem Meer ist es wahrscheinlich in Hinblick auf Ansteckung eine der sichersten Sportarten überhaupt! Ich selbst würde ja mit meinem Campingbus fahren, dort arbeiten und schlafen – und den Rest der Zeit verbringe ich auf Wasser.
Hinkommen ist das eine, aber wie sieht es mit dem Regattaprogramm für die Minis aus?
Micki Liebl: Wenn die Lockerung erfolgt, muss man abwarten, wie es der Klassenvereinigung der CLASSE MINI in Zusammenarbeit mit den Segelclubs gelingt, die eine oder andere Regatta noch anzusetzen. Im Mittelmeer gibt es noch die „Mini Barcelona“ Ende September, eine Einhandregatta über 300 Seemeilen. Ich habe aber auch schon erfahren, dass man eventuell noch weitere Regatten organisieren will.
Ich persönlich wäre schon froh, wenn ich meine Trainings fortsetzen könnte. Eventuell kann ich noch die 1.000-Seemeilen-Qualifikation segeln. Das wäre ein Kurs von Barcelona um Mallorca (Cabrera) nach Gorgona Island, Genua, Marseille und zurück nach Barcelona.
Jetzt hängt natürlich auch alles mit der geschäftlichen Entwicklung in meinem Unternehmen ab, ob ich zu den Zeiten dann auch wirklich weg kann und ob es finanziell darstellbar ist.
Was besonders schmerzt, ist natürlich die Sponsoren-Situation. Interessierte Sponsoren für so ein Projekt zu finden ist durch Corona nicht einfacher geworden.
Wie ist die Lage in Deinem Unternehmen „Perfect Cover“? Werden derzeit Event-Zelte geordert, es gibt ja irgendwann eine Zeit danach?
Micki Liebl: Die gesamte Veranstaltungsbranche ist zum Erliegen gekommen, das betrifft natürlich auch mein Unternehmen, mit dem ich individuell bedruckte Event-Zelte und Zubehör für Messen und Sportveranstaltungen verkaufe. Aktuell versuche ich, auch hier meinen Beitrag zu leisten und biete die Zeltsysteme mit deutlichen Nachlässen für Hilfsorganisationen an. Dazu gehört z.B. die Deutsche Tafel zur Essensausgabe, Schleusenzelte vor Krankenhäusern und Drive-in-Teststationen. Das alles hält sich aber in Grenzen. Die deutlichen Umsatzeinbußen schmerzen natürlich sehr, noch dazu, wo ich am Ende ja über diese Firma auch den Großteil meiner Kampagne finanziere.
Und dann bist Du auch noch Team-Manager der Bundesliga-Segler des Münchener Yacht-Clubs. Der Auftakt der Segel-Bundesliga ist auf Mitte Juli verschoben – in eine Region, die derzeit mit die höchsten Fallzahlen hat. Am Chiemsee wird der MYC Co-Ausrichter sein. Großveranstaltungen sind da noch verboten, Segeln indes ist eher eine „sichere“ Sportart, da Kontakt mit dem Gegner nicht wirklich vorgesehen ist. Aber wenn ich da auf die Crew-Wechsel schaue, wo schonmal zehn Leute in einem Schlauchboot sitzen … wird da jedes Team sein eigenes Boot mitbringen und bleibt den ganzen Tag darauf sitzen? Ist es realistisch, dass dort vom 17. bis 19. Juli gesegelt wird?
Micki Liebl: Ja, auch dieses Projekt liegt momentan natürlich auf Eis. Ein Training mit der Mannschaft ist aktuell nicht möglich. Wann es hier losgeht, steht in den Sternen und hängt natürlich in erster Linie mit den gesetzlichen Lockerungen zusammen. Auch hier bin ich im engen Kontakt mit dem Bayerischen Seglerverband und damit auch mit dem bayerischen Innenministerium. Natürlich sind wir im Zuge unserer Kooperation mit dem CYC auch in enger Abstimmung mit der Liga und diskutieren laufend neue Szenarien. So konnten die ersten Termine bereits verschoben werden, was auch für den veranstaltenden Verein ja nicht so ohne weiteres möglich ist. Aber bis dahin muss auch erst einmal ein sinnvolles Training möglich sein. Wir im MYC hatten bereits im Januar alle Trainings und alle Events Termine durchgeplant und unsere Crews entsprechend eingeteilt. Jetzt ist alles wieder auf Anfang. Sobald wir in der Lage sind, ein Training zu organisieren, muss ich schauen, welche der Seglerinnen und Segler überhaupt Zeit haben für Trainings und am Ende auch für die neuen Event-Termine. Das können wir alles erst planen, wenn eine Lockerung dies zulässt. Ein weiteres Problem sehe ich in der unterschiedlichen Auslegung der Beschränkungen der einzelnen Bundesländer, wenn dadurch die Möglichkeiten für Trainings unterschiedlich sind.
Ob und wie die Spieltage dann tatsächlich unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln durchgeführt werden können, ist natürlich auch ein Thema, das sich aber in meinen Augen regeln lässt. Es ist ja nicht zwingend nötig, auf dem Wasser zu wechseln, das kann auch an Land erfolgen.
Das geht am Ende sicherlich zu Lasten der Anzahl der Einzelrennen, aber das ist lösbar. Das größere Problem sind die rund 200 Segler und Regattahelfer an Land (ohne Zuschauer).
Ich bin ja von Haus aus Optimist und würde es mir für alle Beteiligten der Bundesliga, aller Segelsportler und natürlich auch als Unternehmer wirklich wünschen, dass sich jetzt alles schnell lockern lässt und trotz Lockerung die Infektionsrate auf ein Minimum zurück geht und vor allem dadurch keine weiteren Todesfälle auftreten. Ob es für den Bundesliga-Auftakt am Chiemsee reicht, wird eine enge Kiste – aber für uns Optimisten gibt es für alles einen Plan B.
Micki, wir danken Dir für das Interview und wünschen Dir wie allen Seglerinnen, Seglern und Segelnden alles Gute und vor allem: Bleibt gesund!
Das Interview führte Volker Göbner
Die Kampagne ist hier